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Sarah Niklowitz

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Klirrende Gläser und glänzende Egos: 25hours mit vorzeitigem Check-out

Posted on Juli 16, 2025Juli 18, 2025 by admin

Eine Einladung zum zehnjährigen Jubiläum des 25hour Hotels im Bikini Berlin lasse ich mir nicht entgehen. Zum einen, weil ich als Begleitung meiner ehemaligen Redaktionsleitung auf der Gästeliste stand und zum anderen, weil ich immer für eine gute Komödie zu haben bin. Wir reisten mit einem Koffer voller Vorurteile an und wurden nicht enttäuscht: Das übliche Schauspiel hielt sich die Waage mit gänzlich ironiefreiem Genuss.

Klischee und Würgereiz vor Einlass

Der Beginn dieses Freitagabends in abgehobenen Sphären gestaltet sich für meine Begleitung und mich bereits so unangenehm, dass wir uns so schnell wie möglich wieder aus dem Staub machen wollen. Wir Frauen können viel ignorieren, doch das sollten wir uns dringend abgewöhnen: Sich daran gewöhnen, belästigt zu werden. Auch wenn das Weglächeln dieser Aufdringlichkeit in so manchen Kreisen zum guten Ton gehört, wollen wir sie nicht auf uns sitzen lassen – und sind erst mal schwierig.

Ein Greis in teurem Zwirn beäugt mich lüstern und scheint sich nicht dafür zu schämen, dass ihm der Speichel aus dem linken Mundwinkel läuft. Stattdessen spricht er laut aus, was er vielleicht nur denken wollte: „Ich hoffe, wir stehen im Aufzug nebeneinander“, begleitet von hämischem Gelächter aus altersschwachen Stimmbändern. Nur durch vehementes Stehenbleiben, bis alle anderen Gäste den abgedunkelten Aufzug Richtung Rooftop-Bar betreten haben und zehn bestimmten „Nein, gehen Sie bitte zuerst“ ergattern wir unseren Platz auf dem Weg nach oben an die Tür gepresst, gerade weit genug weg, um nicht von Seniorenhänden auf Hüfthöhe erreicht zu werden. Jetzt erst mal ein Schluck Prosecco für die Nerven. Wir sind schließlich beruflich hier. Irgendwie.

Sekt servieren wir nur mit hochgezogener Augenbraue

Nach der Odyssee zur Location sind wir bereit, uns zu resetten – alles, was es braucht, ist ein Glas halbtrockener Sekt, der Kreislauf und Laune in Schwung bringt. Unser Geschmack ist jedoch fehl am Platz, denn stattdessen sollen wir mit blubberndem Vanille-Ingwer-Secco anstoßen, der unsere Lippen klebrig-süß benetzt und schon einmal den schweren Kopf am nächsten Morgen ankündigen möchte. Alle anderen Gäste scheinen dieses Special zu würdigen, während wir bei der Frage nach einem ganz einfachen Glas Sekt mit hochgezogener Augenbraue gestraft werden. Als der Barkeeper eine Flasche des gewöhnlichen Getränks unter der Theke hervorkramt, warte ich insgeheim darauf, dass Pierre Cadault aus der Ecke springt und „RINGARDE“ brüllt. Dieser verschont uns heute und nach dem ersten Glas wagen wir uns ins Getümmel.

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Canapés und freundliche Gesichter

Das erste aufrichtige Lächeln des Abends erreicht mich von einem jungen Mann, der eine Wand mit Farbe besprüht, die am Ende der Feier den Schriftzug „10 Jahre 25hours“ (oder so ähnlich) tragen wird. Auch der kleine Salat im Pappschiffchen wird uns mehr als höflich serviert und sofort fühle ich mich wohler. Nun, vielleicht zeigt sich hier die Herkunft aus der Arbeiterklasse. Während ich die besten Gespräche des Abends mit dem Servicepersonal führe, würdigt der Großteil der Gäste die freundlichen Gesichter nur, wenn sie ein gefülltes Tablett in den Händen halten. Selbst dann fällt der Blick eher auf die hübsch arrangierten Köstlichkeiten und wandert selten auf Augenhöhe. Die Trennung zwischen Personal und Gästen ist so deutlich, dass ich zwischendurch das Gefühl habe, den Zaun anfassen zu können und ich frage mich: Soll das so?

Bei Canapés und Riesling lernen wir eine Anwältin für Urheberrecht und ihre Tochter kennen und zusammen fühlen wir uns weniger allein. Die beiden gesellen sich zu uns und für eine Weile streifen wir als Quartett durch die Veranstaltung. Der Ausblick auf die Gedächtniskirche bei Sonnenuntergang vereint später doch noch die gesamte Gesellschaft und wir warten geduldig aufgereiht hintereinander vor der Kulisse, bis alle den perfekten Shot für Instagram im Kasten haben. Die beiden Frauen und ihre bodenständige Unbeschwertheit – trotz beruflichem Erfolg – werden mir im Gedächtnis bleiben. Abgehobensein scheint doch keine Voraussetzung für die Einladung gewesen zu sein.

Allein auf Streifzug: Sehen, gesehen werden, gehen wollen.

Gegen 21 Uhr streife ich mit meinem dritten Glas Riesling (der wird hier gesellschaftlich akzeptiert) allein durch die Räumlichkeiten und bin eigentlich bereit zu gehen. Ich hoffe noch auf etwas, das meine Vorurteile abmildert, doch das Klischee vom „sehen und gesehen werden“ auf dieser Art von Events wurde gänzlich erfüllt. Vielleicht wissen alle Beteiligten auch einfach, was von ihnen erwartet wird und sie spielen ihre Rollen in diesem Stück perfekt. Zu Hause machen sie sich dann noch einen Rotkäppchensekt auf, aber nur bei zugezogenen Vorhängen. Tue ich ihnen Unrecht oder würdige ich ihr Schauspiel?

Ich nehme gerade den letzten Schluck aus meinem Glas und schlage mich in Richtung Bar durch, um es abzustellen, da spricht mich ein maßgeschneiderter Anzug mit Gelfrisur und Ibiza-Bräune auf meine Tattoos an. Als wäre ich die amüsanteste Gesprächspartnerin des Abends, blendet mich das Zahnpastalächeln des Anwalts für Familienrecht während der kompletten Unterhaltung. Vermeintlich tiefgründig erörtert er mit mir das Geheimnis einer erfolgreichen Beziehung und ringt mir das Versprechen ab, später beim Karaoke vorbeizuschauen, während ich mich schon auf mein Bett im Kreuzberger Plattenbau freue. Ich breche mein Versprechen ohne schlechtes Gewissen.

Wo liegt der Reiz?

Ich wusste bereits vor dem Besuch dieses Events, dass ich am Ende einen Bericht schreiben würde, der nicht ohne einen Hauch von Sarkasmus auskommt und den Statist:innen Oberflächlichkeit unterstellt – und ihnen mit fehlender Ernsthaftigkeit begegnet. Bin ich etwa nur dort aufgetaucht, um am Ende genau das zu schreiben, was ich mir zuvor schon in Gedanken zurechtgelegt hatte? Das möchte ich nicht ausschließen und dennoch habe ich das Gefühl, mich dafür rechtfertigen zu wollen: Nichts hat mich vom Gegenteil überzeugt.

Es könnte sogar sein, dass ich enttäuscht gewesen wäre, hätte sich die Szenerie anders abgespielt. Diese Art des Zusammentreffens ist für mich zwar völlig absurd, gleichzeitig aber auch eine Form der Unterhaltung, die ich zu schätzen weiß. Events wie diese lassen uns das echte Leben vergessen und entführen uns in eine Welt, in der das perfekte Arrangement von Häppchen auf Tabletts und teure Peeling-Handseife auf den Toiletten unser Ego auf Hochglanz polieren. Ich bin dankbar, hier nur zu Gast zu sein und mein Leben größtenteils in der Wirklichkeit zu verbringen. Die Einladung des Anwalts für Familienrecht zur nächsten High-Class-Party lehne ich dankend ab – die letzten drei Stunden reichen für die nächsten Monate und ich genieße meine Bodenhaftung.

1 thought on “Klirrende Gläser und glänzende Egos: 25hours mit vorzeitigem Check-out”

  1. Stephanie Brümmer sagt:
    Juli 18, 2025 um 7:01 pm Uhr

    Mein Herz, ich liebe alles an diesem Artikel, deinen Schreibstil, deine kritische Selbst-Reflexion und die Liebe zur Sprache, die aus jeder Zeile spricht. Danke dafür, die Lektüre war ein Fest. Ich hoffe auf noch viel mehr davon. Die beste Sucht ever! Fühl dich umarmt. Ich vermisse dich! Deine Stephie

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